Bismarckturm

Bismarkturm

Der Bismarckturm auf der Grenze zwischen Barmen und Elberfeld
Bismarck vereinte die deutschen Völker – auch die Barmer und Elberfelder

Um die Jahrhundertwende war es allgemein üblich, dass deutsche Städte Denkmäler zu Ehren des Kaisers oder des Reichskanzlers errichteten. Da machten auch die damals noch selbständigen Städte Barmen und Elberfeld keine Ausnahme. Als Beispiel gilt noch heute das Bismarck-Denkmal auf dem Geschwister Scholl-Platz in Barmen, das ursprünglich auf dem Rathausvorplatz gestanden hat. Elberfeld ehrte den Reichskanzler 1898 mit einem ähnlichen Standbild am Mäuerchen. Gemeinsam gingen die Wupperstädte ans Werk, als am 1. April 1907 der Grundstein für einen Aussichtsturm gelegt wurde; bezeichnenderweise war es die höchste Stelle auf der Hardt, 234 Meter über dem Meeresspiegel. Noch dazu die Grenze zwischen beiden Gemeinden, die sich die Finanzierung teilten. Auch der Termin war kein Zufall, sondern der Geburtstag von Fürst Otto von Bismarck (1815-1898). Er galt zu seiner Zeit als ein Symbol für politische Macht, Weitsicht, Entschlossenheit und Durchsetzungsvermögen, an dem sich die Geister schieden. Der Staatsmann wird als Mensch geschildert, dem das Wort anhaftet, daß die großen Fragen der Zeit nicht durch Reden und Majoritätsbeschlüsse zu lösen seien, sondern durch Eisen und Blut. Fast das ganze Volk verehrte Bismarck, obwohl es unter seinen Kriegen leiden mußte. Die Einheit wurde höher bewertet.

Die Kosten einschließlich der Eröffnungsfeierlichkeiten summierten sich letztlich auf 40.500 Mark. Die Baukosten wurden durch eine Spendenaktion gedeckt, nachdem im Juli 1904 durch die Oberbürgermeister der beiden Wupperstädte ein Aufruf erfolgt war. Der Entwurf von Professor Wilhelm Kreis trug den Titel „Götterdämmerung“ und zeichnete sich durch seine Schmucklosigkeit aus. Abweichend vom Bauplan wurde im oberen Drittel des Hochbaus das Familienwappen der Bismarcks angebracht, das der Elberfelder Bildhauer Carl Mensch geschaffen hatte. Die Oberbürgermeister Funck aus Elberfeld und Lentze aus Barmen, denen Straßen gewidmet sind, schrieben: „Darum alle, die Ihr unserem Bis-marck die Treue bewahrt, welcher Partei immer Ihr angehört, helft uns, Mitbürger, dass der Bismarck-turm auch hier entsteht und seine Feuer unseren Schwesterstädten leuchten!“ Das Ergebnis waren 11.000 Mark aus Barmen und 20.000 Mark aus Elberfeld. Zur Grundsteinlegung am Bismarck-Geburtstag, dem 1. April 1907, erschienen Kriegervereine, Musikzüge und Schulen. Einem Bericht des „General-Anzeigers“ vom 17. April 1907 zufolge wurde eine kupferne Kapsel mit Urkunde, 18,68 Mark und Siegestaler aus dem Grundstein gestohlen.

Nach einer Bauzeit von sechs Monaten fand am 19. Oktober 1907 ab 15.30 Uhr die feierliche Einweihung statt. Zur Einweihung des Turmes versammelten sich fast 30.000 Menschen auf der Hardt. Von einer „hochpatriotischen Feier“ auf der „Grenzscheide der beiden Schwesterstädte“ berichtete die Presse. Bürger, Schulklassen, Kriegervereine und Offizierskorps beider Bezirkskommandos und Offizielle der städtischen Behörden hörten der Ansprache des Elberfelder Konsuls Paul Boeddinghaus jr. zu, der im Namen des Arbeitsausschusses des Denkmalkomitees sprach: „Möge der Turm das Anfangsglied einer Kette gemeinsamer Unternehmungen beider Städte bilden, auf daß in der Welt die viel belächelte Mär von der Gegnerschaft der Wupperstädte immer mehr verschwinde.“ Der Bau des Bismarckturmes war mit Hilfe zahlreicher Spenden aus der Bevölkerung ermöglicht worden. Elberfelds Oberbürgermeister Funck und sein Barmer Kollege Dr. August Lentze hatten zu der Sammlung aufgerufen: „Darum alle, die Ihr unserem Bismarck die Treue bewahrt, welcher Partei Ihr angehört, helft uns, Mitbürger, daß der Bismarckturm auch hier entsteht und seine Feuer unseren Schwesterstädten leuchten.“ Je mehr Gelder zusammenkamen, desto höher konnte der Turm gebaut werden. Geladene Festgäste trafen sich um 18 Uhr im Festsaal des Elberfelder Thalia-Theaters, an dessen Stelle sich heute das Sparkassen-Hochhaus erhebt. Gefeiert wurde bis spät in die Nacht.

Zur Besteigung wurde der Bismarckturm erst am 17. April 1908 frei gegeben.
Der 22 Meter hohe Aussichtsturm hat einen quadratischen Unterbau und einer Seitenlänge von 11,30 Metern. Dem Mittelschaft sind an den Ecken runde Säulenschäfte vorgesetzt. Trotz der rauhen Ausführung in Steinquadern kommt die Feinheit der Umrisse voll zur Geltung. Die dauerhaften Sandsteine für das Fundament wurden aus dem nahen Steinbruch auf der Hardt (heute ist dort die Freilichtbühne) entnommen, während die Steine für den Turm aus Steinbrüchen von Otto Schulz in Schee und Haßlinghausen stammen. Über der Eingangstür sieht man das Familienwappen derer von Bismarck. Am Fuße des Turmes befindet sich der Besucher 88,50 Meter über der Wupper. Hat man die 122 Stufen überwunden, liegt einem das ganze Tal zu Füßen, umgeben vom „Kranz der grünen Berge“. In der Ferne grüßen die anderen Türme für Aussicht, Wasser und Funk. Direkt vor der Nase taucht der Elisenturm auf.

Der Bismarckturm besteht aus stabilem Sandstein, hat seinen Standort in einer kleinen Senke des Hardtberges, der mit 239 Metern beim Missionshaus seinen höchsten Punkt erreicht, und steht seit 21. März 1991 unter Denkmalschutz. Um den Erhalt kümmert sich die Stadt Wuppertal durch entsprechende Unterhaltungsmaßnahmen. (27.04.2013, kgc)

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Ehrenamtliche Türmer haben lange den Aufstieg ermöglicht. Zur Zeit ist der Turm nicht zuzänglich.

Buslinie 643 Wuppertal-Hauptbahnhof – Bismarckturm

Harald MüllerBismarckturm war sein zweites Wohnzimmer

Am Eingang zum Bismarckturm begrüßte Harald Müller von 1983 bis 2005, von Frühling bis Herbst, die Menschen auf ihrem Weg von der Barmer Hardt-Seite zur Reichsallee. Er saß dort und lud zum Besteigen seines zweiten Wohnzimmers ein. Pro Jahr nahmen 10.000 Menschen die Ein-ladung an und genossen die Aussicht.

Vor 1983 war das städtische Denkmal rund zehn Jahre geschlossen. Von sieben Rentnern, die sich auf eine Veröffentlichung in der „Wuppertaler Rundschau“ um die ehrenamtliche Tätigkeit beworben hatten, blieb allein Frührentner Harald Müller übrig. 1937 geboren, war der ehemalige Straßenbahnschaffner, Pharmavertriebler und ehrenamtliche Sanitäter mit Herz und Seele bei der Sache und wurde für sein Engagement mit dem „Wuppertaler“ ausgezeichnet. Um seiner „Kundschaft“ mit Informationen dienen zu können, erwarb Harald Müller stadtgeschicht-liches Wissen. Gemeinsam mit Bernd Fischer beschrieb er in einer Broschüre Geschichte und Bedeutung der „Hardt in Wuppertal“. Zu rund 350 Bismarcktürmen, der besonderen Denkmalform in Deutschland war er ein wandelndes Archiv. Sammlungen von der ehemaligen DDR über Stuttgart bis Wuppertal haben dazu beigetragen, dass Müller wusste, welche Geschichten sich um den Gründer des Deutschen Reiches und früheren Reichskanzler Otto Fürst von Bismarck (1. April 1815 bis 30. Juli 1898) rankten. Später löste sich Harald Müller in der Turmbetreuung mit Roswitha Spiecker und dem heute noch aktiven Karl-Heinz Glöckner ab. Frank Telöken, Leiter des Botanischen Gartens, hofft auf eine Vergrößerung des Betreuerteams und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. (27.04.2013, kgc)